Programa Sonrisas 2004
19. März bis 05. April 2004
Die Entsendung eines jährlichen Interplast-Teams aus der Plastischen Chirurgie des Markus-Krankenhauses Frankfurt nach Paraguay blickt auf eine mittlerweile vierjährige Tradition zurück.
Der Einsatz war erneut von der in Paraguay ansässigen Familie des Kollegen J. Enrique Duerksen-Braun und den mennonitischen Kolonien vorbereitet worden.
Die Mennoniten kamen in den 40er Jahren nach Repressionen durch das
stalinistische Regime als Aussiedler von Russland nach Deutschland,
waren auch dort nicht gut aufgehoben und begannen, sich in Südamerika ein
neues Leben aufzubauen. Sie sprechen untereinander (Platt-)Deutsch und
ihre tüchtige und arbeitsame Lebensweise hat ihnen in der nun zweiten
Generation einen bescheidenen Wohlstand beschert, der deutlich mit dem
Rest des Landes kontrastiert. Viele leben in Kolonien auf dem Lande.
Die isolierte Lebensweise, verbunden mit einer besseren wirtschaftliche
Situation führt bei der indigenen Bevölkerung nicht selten zu
Spannungen. Die aufopfernde Organisation der Einsätze motiviert sich
natürlich aus dem christlichen Selbstverständnis der Kolonisten, ist
aber auch eine Möglichkeit, den ärmeren Nachbarn zu zeigen, dass die
Einwanderer bemüht sind, die Lebensumstände auch der Nachbardörfer zu
verbessern. In diesem Jahr wurde der Einsatz von der Kolonie Friesland
organisiert. Die Kolonie zählt ca. 600 Mitglieder und betreibt ein
kleines Krankenhaus.
Das sechsköpfige Team: OP-Schwester Mandy Littmann, die Anästhesisten
Dr. Stefania Daradimos und Dr. Evgeny Kunits sowie dem Chirurgen Dr.
J. Enrique Duerksen-Braun und dem Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen Markus Winter
reiste unter der Leitung von Dr. Uwe von Fritschen vom 19.03. bis
05.04.2004 nach Asuncion. Die meisten von uns waren schon durch mehrere
Interplast Einsätze erfahren. Verstärkt wurde das Team durch eine
Sozialarbeiterin und einen Chirurgen aus Asuncion. In den Jahren zuvor
waren die Teams während eines Einsatzes an wechselnden Krankenhäusern
tätig gewesen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass hierbei viel Energie und
Zeit verloren geht. Aus diesem Grunde wurden diesmal die Patienten zu
uns an ein zentrales Krankenhaus gebracht.
Zwei Mitarbeiter aus den Kolonien haben in mühevoller und monatelanger
Arbeit die Bevölkerung der Gegend auf unser Kommen vorbereitet und
entsprechende Patienten ausgewählt. Sie suchten nach Patienten mit
angeborenen Fehlbildungen, vorwiegend Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten
(häufig auch schon unzureichend voroperiert), Handfehlbildungen,
Blutschwämmen und ähnlichen Erkrankungen, die in dieser Gegend auf
keine medizinische Hilfe hoffen können. Bei den restlichen Patienten
handelte es sich oft um Verbrennungsfolgen, Fußdeformitäten,
ausgedehnte Handverletzungen und Defekten bei Tumoren oder schweren
Verletzungen nach Starkstromunfällen.
Im Vorfeld war uns die Industrie bei der Beschaffung der Sachspenden
erneut großzügig und unbürokratisch behilflich. Daher konnten wir - wie
zuvor - das komplette Nahtmaterial, Verbandsstoffe, Anästhesie- und
Narkosemittel, Antibiotika, etc. kostenfrei zur Verfügung stellen. Für
eine großzügige Gepäckregelung durch die Lufthansa und die Beschaffung
günstiger Flugtickets sind wir wieder einmal dem persönlichen Einsatz
von Frau A. Simon-Kares dankbar. Nach den Zollproblemen der letzten
Jahre haben wir durch Freunde beim Rotary-Club Asuncion vorbeugen
lassen. Wir wurden bereits von den offiziellen Vertretern erwartet,
durch die Abfertigung geschleust und in die Hände der Familie Duerksen
übergeben. Der Empfang durch die Familie und den
plastisch-chirurgischen Kollegen in Asuncion war wie immer sehr
herzlich. Nach fast 20-stündiger Reise wurden wir nach kurzer Pause zu
einer Vorstellung im Rahmen einer Feierstunde geladen. Anschließend
luden lokale Kollegen zu einem Grillabend südamerikanischer Art mit
Live Musik ein. Hiervon noch nicht wieder vollständig erholt ging es am
folgenden Tag im Jeep-Konvoi 6 Stunden lang über staubige und holperige
Wege nach Friesland. Die Kolonie hatte dort bereits Spenden gesammelt,
um den Krankenhausaufenthalt für die Patienten und auch die Versorgung
nach der Krankenhausentlassung sicher zu stellen. Hierfür hatte man den
Saal der Kirche geräumt und Krankenlager für die Patienten
eingerichtet, die ambulant behandelt werden konnten. Untergebracht
waren wir privat bei Gemeindemitgliedern.
Das kleine Krankenhaus ist mit 2 Operationssälen ausgestattet, wovon
wir einen belegen konnten. Die Ausstattung war einfach und die
Narkosegeräte leider nur bedingt einsetzbar. Wir konnten aber aus
Asuncion ein funktionstüchtiges Gerät beschaffen. Am Anfang war die
Nervosität der Schwestern zu spüren. Obwohl sie sich gut auf den Einsatz vorbereitet hatten waren sie unsicher, ob sie den
Anforderungen gerecht würden; handelte es sich doch um ein sehr
kleines Haus mit höchstens 30-40 Operationen im Jahr und im übrigen nur
allgemeinmedizinischen Patienten. Das Eis war aber schnell gebrochen.
Unter Führung der leitenden Stationsschwester Martha waren alle mit
großer Einsatzbereitschaft - häufig bis spät abends - bei der Sache.
Viele Gemeindemitglieder traten zur Unterstützung an und wir bedanken uns für eine effiziente und kompetente Zusammenarbeit. Hervorheben möchten wir noch die liebevolle Sorge um unser leibliches Wohl. Wir haben auf diesem Weg - quasi nebenbei
- die paraguayanische Küche kennen und ausgesprochen schätzen gelernt.
Bei den Operationen handelte es sich meist um größere Eingriffe von 2
bis 4 Stunden Dauer. Wir hatten 2 Operationstische in einem Saal
aufgestellt um uns gegenseitig zu helfen und Mandy als einzige
OP-Schwester zu entlasten. Wie in den Jahren zuvor war ein Aspekt auch
die Weiterbildung paraguayanischer Kollegen. Geane war uns nicht nur
mit seinem unverwüstlichen Humor eine große Hilfe. Die postoperative
Pflege - meist durch mennonitische Krankenschwestern - war hervorragend,
so dass alle Patienten komplikationslos das Krankenhaus wieder
verlassen konnten.
Insbesondere die Versorgung der Lippen-Kiefer-Gaumenspalten liegt uns
hier am Herzen. Zur Vervollständigung der Behandlung ist mittlerweile
ein Zentrum gegründet worden, bei dem zwischen den operativen Einsätzen
ein plastischer Chirurg des Landes regelmäßig als Ansprechpartner zur
Verfügung steht. Ein Kieferchirurg führt die zahnärztliche-, und
kieferregulative Behandlung durch, eine Logopädin und eine
Sozialarbeiterin ergänzen das Team. Diese langfristige Bindung der
Patienten an eine interdisziplinäre Behandlungseinheit ermöglicht nun
nicht nur die phasengerechte, mehrzeitige Versorgung, sondern auch eine
umfassende Therapie der Fehlbildung. Das Engagement der
plastisch-chirurgischen Kollegen in Asuncion, der Familie Duerksen und
vieler Helfer in den mennonitischen Kolonien wird dazu beitragen, dass
Programa Sonrisa in den kommenden Jahren zu erweitern.
Wohlbehalten sind wir nach kurzem Zwischenaufenthalt in Buenos Aires
wieder in Frankfurt gelandet. Mehrere Kolonien haben sich für das
nächste Jahr schon um die Ausrichtung des kommenden Einsatzes beworben.
Wie es scheint, wird uns die Arbeit so schnell nicht ausgehen.
(Quelle: Interplast-Germany e.V.| Uwe von Fritschen)